Das Boxer Projekt


1. Vom Jumper-Reisemobil zum Boxer-Wohnmobil


2016 entsteht mit dem Selbstausbau eines Citroen Jumper L3H3-Kastenwagens unser Reisemobil, mit dem wir in den Folgejahren Europa erkunden. Der Jumper ist zunächst für unsere Art des Reisens das ideale Fahrzeug. An Zielorten ist man meistens auf Besichtigungstouren oder hält sich überwiegend im Freien auf.

Bei Fahrten in der dunklen Jahreszeit und demzufolge längeren Aufenthalten im doch beengten Innenraum kamen Gedanken über ein etwas größeres Fahrzeug auf. Im ersten Pandemie-Jahr beschränkten wir uns auf nahe Ziele. Da das Ende der pandemiebedingten Beschränkungen nicht abzusehen war, entstand der Wunsch nach einem ausfüllenden Projekt, wie seinerzeit der Jumper-Ausbau. Bei der damaligen Ausbau-Planung musste man feststellen, das die Vorgaben der Karosserie viele Gestaltungswünsche einschränken. Man wünschte sich die planerische Freiheit wie beim Ausbau einer selbst definierten Leerkabine.


"Wir stellen einem Kabinenbauer ein Fahrgestell auf den Hof, beginnen parallel mit der Möbelfertigung

und nach einem Jahr ist unser teilintegriertes Wohnmobil fertig"


So dachten wir und schickten im Spätsommer 2020 eine Projektbeschreibung an etablierte GFK-Kabinenhersteller. Es kam keine Antwort. Erst nach Rückfragen teilte man uns vorab Lieferzeiten von 1-2 Jahren mit. Nach kurzer Überlegung stand fest: dann bauen wir unsere Kabine halt selbst. Die Planung wurde verfeinert und Angebote zu Fahrgestellen eingeholt. Wir wählten schließlich ein Peugeot-Boxer-Fahrgestell mit Normal-Rahmen, lieferwagentypischer Spurweite und langem Radstand. Vorteilhaft ist die gewählte Pritschenwagen-Rahmenhöhe – hiermit kann man einen stufenlosen Fußboden bis in das Führerhaus hinein planen. Ein weiterer Vorteil, dieses Fahrgestell ist auch auf dem Gebrauchtfahrzeug-Markt verfügbar. 

Zur vorgesehenen Gesamtlänge von 7 m passt auch die Fahrzeuggröße L3, lediglich eine kurze Rahmenverlängerung ist nachzurüsten.


2. Kabine und Innenraumgestaltung


Mit dem kurzen Peugeot-Fahrerhaus und der angenommenen Gesamtlänge von 7 m kommen wir auf eine Kabinenlänge von knapp 4,6 m. Der Gepäck-Alkoven folgt der Verlängerung der Frontscheibe und eine Abschrägung sorgt hinten für einen größeren Überhangwinkel. Die Grundrissgestaltung ist die wesentlichste Entwicklungsarbeit. Wir kommen wie in vielen Serienwohnmobilen zu einer Eingangstür rechts hinter der Fahrerkabine, dahinter liegt die Küche und links die Halbdinette. Dann unterscheiden wir uns von üblichen Fahrzeugen. Über 80% aller Wohnmobilisten reisen als Paar, ihre Mobile verfügen jedoch über vier Gurtplätze. Wir gestalten die Sitzbank ohne einen schweren Gurtbock mit bequem geneigter Rückenlehne, vermeiden dabei etwa 50 kg Mehrgewicht und Probleme mit der Nachweisführung der Sitzbock-Krafteinleitung.

Weiterhin sind in fast allen Fahrzeugen Heckgaragen anzutreffen, zusätzlich befinden sich Fahrradträger an der Rückwand. Die geringe Nutzung als Fahrradgaragen erklärt sich aus der Größe, die meistgenutzten Touren-Fahrräder passen ohne Lenkerverstellung schlichtweg nicht in die Garagen. Also werden die Garagen als Stauraum genutzt, wodurch auch wenig oder nicht genutztes Staugut energieintensiv transportiert wird.

Wir verzichten auf den Heckstauraum mit der notwendigen Bodenabsenkung, den Stufen im Schlafzimmer und der einengenden Sitzhöhe im Heckbett. Bei einer Heckgarage muss zwangsläufig der Sanitärraum nach vorne verlegt werden, er behindert die freie Sichtachse und die Stehfläche vor der Küche. Beim Einbau einer Dusche im Heck gibt es keine Behinderung durch Radkästen und die Nutzung der vollen Innenbreite verspricht ein komfortables Badezimmer. Weiterhin ermöglicht eine wegfallende Heckgarage eine niedrige Bettposition auf dem stufenfreien Fußboden, der Kleiderschrank kann in Augenhöhe angeordnet werden und die Bauhöhe der Hängeschränke muss im Bettbereich nicht reduziert werden.

Mit einer Einzelbett-Anordnung vor dem Sanitärraum und einem Kühlschrank-Kleiderschrank-Block hinter der Sitzgruppe entsteht nach vielen vergleichenden Untersuchungen und Entwürfen der nachfolgende Grundriss.

Die gangseitigen Wandungen sind so abgeknickt, dass sich die maximale Gangbreite im Küchenbereich ergibt, der zusammen mit dem Eingangsbereich eine ausreichende Bewegungsfläche darstellt. Küchenarbeiten zu zweit sind auch bei ausgezogenen Schubladen möglich. Der Boden geht stufenfrei in den leicht ansteigenden Führerhausboden über. Hier finden sich zwei Besonderheiten. Wir schätzten bereits im Jumper-Ausbau die verbliebene Trennwand zum nicht isolierten Führerhaus, diese Funktion übernimmt hier eine Mini-Rollade, sie sorgt bei hohen Außentemperaturen im Fahrbetrieb für ein gut gekühltes Führerhaus, hält in kalten Nächten die Kälte fern und ist dann auch ein perfekter Sichtschutz.

Freie raumhohe Wände in Serienmobilen werden gerne mit Kleiderhaken versehen als Garderobe deklariert. Die hier aufgehängte Oberbekleidung ist häufig bauschig und ragt zumindest am unteren Rand weit in den Raum. Abhilfe schafft der Garderobenschrank am Eingang, in den man auch eine größere Zahl von Kleidungsstücken unterbringen kann. In diesem raumhohen Schrank ist unter dem Garderobenabteil noch ein Schuhschrank untergebracht und oben in der Garderobe eine Ablage.

 Die Küche verfügt über vier Schubladen und eine relativ große Ablagefläche, die sich durch einen Auszug noch vergrößern lässt. In Testberichten werden große Spülbecken gelobt, das hier gewählte Becken ist eher klein und geht damit sparsam mit dem Warmwasser um. Der Abfallbehälter befindet sich nicht an der Tür, sondern in dem oberen Teil eines Auszuges an der Küchenstirnseite. Somit können Küchenabfälle auf schnellen Weg entsorgt werden, besser als in den Abfallbehälter an der womöglich geöffneten Außentür. In die untere Hälfte des Auszug-Faches passen genau vier Weinflaschen.

Alle Servicebereiche befinden sich hinten links: WC-Cassettenfach, Wassereinfüllung und Wasserablass sowie davor der Landstromanschluss. Beim Rangieren an der Entsorgungsstation hat man diesen Bereich gut im Blickfeld des Rückspiegels, das Finden der genauen Entleerungsposition unterstützt eine Bodenkamera. Rechts hinten ist die Heizung angeordnet. Auf der Markisenseite können über einen Außenzugang Tisch und Stühle entnommen werden, gegenüber unter dem Kühlschrank Wasserkanister und Kabel. Unter dem linken Bett befindet sich vor dem Frischwassertank im Radkastenbereich ein Innenstauraum für schweres Staugut, hinter dem Kühlschrankblock das Elektro-Compartment mit der LiFePo4-Batterie. Leichtes Gepäck nehmen 8 Hängeschränke und der Alkovenstauraum auf, Schmutzwäsche kommt in den Kasten der Sitzbank. So kommen etwa 1,5 m³ Stauraum zusammen, ein guter Ersatz für die entfallene Fahrradgarage, die Räder bekommen dafür einen elektrisch verfahrbaren Träger an der Fahrzeugrückwand.

Die Befestigungspunkte des Heckträgers werden auf der Innenseite durch einen Badezimmerblock mit Spiegelschrank, Ablage, freistehendem Waschbecken und Unterschrank verdeckt. Das WC auf der linken Seite verfügt über eine SOG-Bodenabsaugung, hierdurch kann auf den Einsatz von Chemie verzichtet werden.

Für die primäre Beleuchtung wählen wir LED-Spots, die gruppenweise über Memory-Dimmer geschaltet werden, weiterhin befinden sich LED-Stripes als Eingangsbeleuchtung unter der Küchenplatte und als indirekte Beleuchtung über den Hängeschränken. Wenig genutzte Steuereinrichtungen wie die Inverter-Fernsteuerung und SAT-Antennen-Bedienung verschwinden hinter der Kleiderschranktür, die Heizungssteuerung ist zusammen mit Lademonitor und Steckdosen in einem Block am Küchentresen zusammengefasst. 

Wie beim Jumper-Projekt wurden auch hier aus den vorhandenen Zeichnungen nachbaufähige Unterlagen erstellt. Die zugehörigen Beschreibungen beschäftigen sich auf über 300 Seiten mit dem gesamten Ablauf eines Selbstbau-Projektes, von der ersten Planung über die Fertigung der Kabine und dem Innenausbau bis zur Zulassung. Für wesentliche Fertigungsschritte sind Video-Dokumentationen verfügbar. Auf den nachfolgenden Seiten wird hierüber berichtet.


Weiterhin sind Basis-Informationen vorhanden:


  • Entwicklung und Fertigung eines teilintegrierten Wohnmobils  eine kurze Abhandlung von der Planung bis zur Zulassung
  • Fertigung und Ausbau einer Wohnkabine  enthält schwerpunktmäßig Informationen von Basisfahrzeugen bis zur Leerkabine
  • Fahrzeug-Handbuch  die Gebrauchsanleitung des selbstgebauten Fahrzeugs von den technischen Daten bis zu den Bedienungsanleitungen


Diese Unterlagen können über die nachfolgende Mail-Adresse kostenlos angefordert werden.

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